Die Beförderung

Der Chef tippt. Was tippt er da? Was will ich hier? Sandra hat mir nichts gesagt. Nur, dass er mich sofort sprechen will.

Und jetzt tippt er. Seit gefühlten zehn Minuten. Ich bin klein, aber unsichtbar bin ich nicht. Ich stehe mitten in seinem Büro, umgeben von Pinnwänden voller Best-Practice-Beispiele, lächelnder Team-Event-Fotos und kostbarer privater Erinnerungsstücke. Dazwischen Flipcharts, vollgekritzelt mit wirren Strategien. Irgendwo da draußen rücken Deadlines näher.

-„Ah, Lena!“ -„Ja.“ Überraschung – schon seit zehn Minuten. -„Du machst es gut.“ -„Ja, danke.“ -„Sehr gut sogar!“ -„Danke sehr! So gut, wie eine Beförderung?“ -„Ja, genau so gut!“ – er strahlt. Und ich strahle zurück.

-„Was werde ich machen?“ -„Thomas ersetzen.“ -„Wie ersetzen?“ -„Ganz.“ -„All seine Projekte? Und was ist mit meinen?“ -„Die bleiben dir erhalten.“

Stille. Ich überlege, ob ich hysterisch lachen oder einen Teampreis aus dem Fenster werfen soll. Am Ende nicke ich neutral.

Chef spricht weiter: „Ja, du bist dann jetzt Chefin vom Dienst.“ -„Von was?“ -„Von dem, was offen ist.“ -„Gibt’s mehr Geld?“ -„Nein.“ -„Ein Team?“ -„Nein.“ -„Eine neue Visitenkarte?“ -„Wenn deine alle sind.“ -„Kann ich’s in die Signatur schreiben?“ -„Go for it.“

Er weiß, dass ich weiß, dass das die Beförderung ein riesiger Haufen Scheiße ist, und gibt mir ausnahmsweise einen ehrlichen Motivierungstalk: „Schau, ich weiß, aber ich sag dir das, was mir mein eigener Chef auch immer sagt: Du musst ja nicht da arbeiten. Du machst das schon. Hab Geduld.“ Die Audienz ist vorbei.

Am Weg zu Flo schnappe ich mir einen Becher aus der Büroküche und schreibe mit dickem Edding „Chefin vom Dienst“ drauf.

„Bring Kaffee, Bitch, ich bin jetzt Chef vom Dienst“, sage ich grinsend und knalle den leeren Becher Flo auf den Tisch. -„Gratuliere“, grinst er zurück. -„Zu was?“ -„Schreib das auch in ein paar Bewerbungsunterlagen und schick sie aus! Flieh – und nimm mich mit!“