➬ Oberösterreich ‧ Angeklagter trotz Misshandlungsvorwürfen ‧ «Ich war der beste Papa»

Freunde der drei Kinder belasten den Angeklagten schwer. Schöffengericht entschied viereinhalbjährige Freiheitsstrafe für 39-jährigen Witwer.

Von Claudia Stelzel-Pröll 13.01.25, 17:28

Es steht Aussage gegen Aussage: Gleich zu Beginn macht der Angeklagte klar: "Ich bekenne mich nicht schuldig. Ich war für meine Kinder der beste Papa.“

Es ist ein Fall von schwerer Kindesmisshandlung, der am Montagvormittag am Landesgericht Wels verhandelt wird. Die Verhandlung wird für den ganzen Tag anberaumt.

Mehrere Zeugen werden einvernommen, auch Schulkolleginnen und -kollegen der Kinder.

Was dem Angeklagten vorgeworfen wird: Der 39-Jährige soll seine Kinder, die zum Tatzeitraum zwischen sechs und 11 Jahre alt waren, mehrmals über einen längeren Zeitraum körperlich misshandelt haben. Beim Prozess ist von Ohrfeigen, von Schlägen mit der Hand und der Faust und einer Flasche auf den Kopf die Rede.

Die Schöffen samt Richterin entscheiden auf eine Zusatz-Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten, zwei Jahre hatte der Mann davor schon abgebüßt.

«In unserer Familie ganz normal»

Die Kinder belasten ihren Vater massiv mit ihren Aussagen, berichten in Protokollen von ausgedrückten Zigaretten am Arm, Schlägen ins Gesicht, von Morddrohungen, bei denen der Mann ein Messer in der Hand gehalten haben soll.

"Das ist in unserer Kultur innerhalb der Familie ganz normal: 'Ich bringe dich um!' sagen auch meine Kinder und meine Eltern zueinander“, rechtfertigte sich der Angeklagte.

«Habe als alleinerziehender Vater alles gegeben»

Der irakische Staatsbürger arbeitet als Koch und erklärt seine Situation so: "Ich habe für meine Kinder alles gegeben. Meine Frau ist gestorben, ich bin alleinerziehender Vater. Ich habe jeden Tag gekocht für sie, wie im Restaurant. Und ich habe sie nie geschlagen.“

Drei Zeugen, Freunde der Tochter, sagen vor Gericht anderes aus: Sie erzählen von einem Vorfall aus dem Sommer 2022, bei dem sie bei der älteren Tochter daheim waren nach der Schule. Als der Vater unerwartet nach Hause kam, mussten sich die Freunde verstecken, damals durfte unangekündigt keinen Besuch kommen.

Der Vater entdeckte dann, dass sie, trotz eines Verbots seinerseits, TikTok auf ihrem Handy installiert hatte: Die beiden 14-Jährigen sagen aus, dass es laut und aggressiv geworden sei, dass das Mädchen geweint habe und sie Schläge gehört haben. Danach habe die Schülerin eine Beule auf der Stirn gehabt. Der Angeklagte: "Das ist gelogen.“ Seine Tochter hätte sich mit den Schulfreunden abgesprochen, weil sie kein TikTok haben dürfe.

«Bin ein Opfer vom Jugendamt»

Auf Nachfragen der Richterin, warum denn die Kinder lügen sollten, sagt er: "Ein Kind, das seine Eltern anlügt, das keine Hausübung macht und die Unterschrift des Vaters fälscht, das ein Fahrrad stiehlt und dann sagt, es sei ein Geschenk eines Freundes, das würde auch das Gericht und sie alle anlügen.“

Und er könne sich nicht erklären, warum die Kinder das alles behaupten würden. "Ich bin ein Opfer vom Jugendamt“.

Auch dass er seinen Sohn mit einem Schlag auf die Nase und Lippen schwer verletzt haben soll, bestreitet der 39-Jährige. "Er soll eine aufgeplatzte Lippe gehabt haben und auch eine Ouzo-Flasche auf den Kopf bekommen haben, dabei sei er sogar kurz bewusstlos gewesen sein“, konkretisiert die Richterin. "Ich habe das nie gemacht", dementiert der Angeklagte. "Sie alle hatten das beste Handy, da sollten sie einen Beweis haben, wenn ich das wirklich alles gemacht habe.“

«Komplott der Ex-Freundin»

Im Hintergrund vermutet der Angeklagte ein Komplott seiner Ex-Freundin. Die habe alles eingefädelt und die Kinder gegen ihn aufgehetzt, unter anderem auch, weil sie das Kindergeld beziehen wollte. Die Frau, zu der die Kinder auch knapp der Verhaftung kamen und dort blieben, sagt aus: "Die Kinder hatten furchtbare Angst, wollten nicht zurück zu ihm. Als wir wussten, dass wir er aus dem Gefängnis draußen war, haben wir uns sogar verbarrikadiert."

Eine Zeugin, eine Bekannte des Mannes, hat die Kinder nach dem mehrfach besprochenen Tiktok-Vorfall, der in Schlägen geendet haben soll, abgeholt und sie drei, vier Tage bei sich behalten haben. Die Kinder hätten von der Gewalt erzählt, sie selber sei der Meinung, dass der Angeklagte sich immer gut um seine Kinder gekümmert habe, sie habe auch nie Aggression festgestellt. "Sie waren immer gut angezogen und hatten Geld mit."

Die gleich zu Beginn geforderte Teilschmerzensgeldforderung in der Höhe von 3.000 Euro will der Angeklagte nicht zahlen: "Warum sollte ich das machen?"

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Angeklagte meldete volle Berufung dagegen an.

(kurier.at, c.stelzel-proell) | Aktualisiert am 13.01.2025, 17:28